Nicht erst seit der Corona-Pandemie beschäftigt man sich am OFI mit dem Themenbereich Lufthygiene & Filteranalyse. Die Bedeutung luftgetragener Bioaerosole für die Übertragung von Krankheiten ist unbestritten. Wie man die Verbreitung dieser effizient eindämmt, dazu gibt es allerdings noch Forschungsbedarf. Mit dem Ziel Wissenslücken zu schließen, bündeln das Österreichische Forschungsinstitut für Chemie und Technik (OFI), Güssing Energy Technologies (GET) und das Zentrum für Soziale Innovation (ZSI) ihre Kompetenzen. In dem Forschungsprojekt „AeroMobil“ arbeiten die drei ACR-Mitglieder an der Entwicklung einer neuartigen Versuchsanlage, die es künftig erlauben soll, die Luftreinigung verschiedener Raumkonzepte unter Realbedingungen zu beurteilen. In Kombination mit einem mathematischen Simulationsmodell wird es auf diesem Weg möglich, präzise Aussagen über das potenzielle Infektionsrisiko zu treffen.
Bewertung des biologischen Risikos
Um möglichst realitätsnah einschätzen zu können, wie wirksam ein Raumkonzept vor Allergenen, Viren und Bakterien schützt, arbeiten die OFI Expert*innen in ihren Testverfahren mit Bioaerosolen. Dadurch werden Partikel nicht nur anhand von Größe und Anzahl erfasst, sondern können auch nach ihrem biologischen Risiko bewertet werden. Damit beweisen die Forscher*innen Pioniergeist, denn standardisierte biologische Prüfmethoden für die Inaktivierung von Krankheitserregern gibt es derzeit fast ausschließlich für die Oberflächenentkeimung. Die Effizienz von Luftreinigungsmaßnahmen kann bisher hingegen nur sehr eingeschränkt bewertet werden. So lassen Ergebnisse von Untersuchungen mit nicht-biologischen Aerosolen, wie z.B. mit Kochsalz-Partikeln, Schlüsse auf Krankheitserreger nur begrenzt zu. Außerdem ist momentan nur die Prüfung von bestimmten Raumdimensionen möglich.
Mobile Testanlage für realitätsnahe Bewertung
Mit der Entwicklung einer mobilen Testanlage will das Forschungsprojekt „AeroMobil“ erstmals die Grundlage dafür schaffen, unter standardisierten Prüfbedingungen Untersuchungen mit infektiösen Viren und anderen luftgetragenen biologischen Gefahrenstoffen direkt in realen Innenräumen durchzuführen. Was bisher nur in sehr kleinem Maßstab realisiert wurde, soll nun in unterschiedlichen Dimensionen und auf reproduzierbare Art und Weise möglich werden. Im Rahmen des Projekts können die Eigenschaften von luftgetragenen Modellviren mit jenen von Krankheitserregern verglichen werden. Das hat hohe Praxisrelevanz und erlaubt die Analyse der Lufthygiene in Fahrzeugen, Gesundheitseinrichtungen oder Büroräumen.
Durch die enge Zusammenarbeit der beteiligten ACR-Institute wird das erforderliche Know-how verschiedener Fachdisziplinen kombiniert. Die Entwicklung der mathematischen Modelle erfolgt dabei von Anfang an in enger Abstimmung mit den tatsächlichen Laborversuchen. Das ermöglicht die Anpassung des Testszenarios an unterschiedliche Raumdimensionen sowie die Berücksichtigung weiterer Einflussparameter (z.B. zusätzliches Lüften), ohne jedes einzelne Szenario gesondert erproben zu müssen. Aus einer literaturbasierten Datenbank sollen zusätzlich Informationen zum Ansteckungsrisiko automatisch einbezogen werden.
KMU von Anfang an einbeziehen
Auch wenn der Themenbereich Lufthygiene in der breiten Öffentlichkeit langsam wieder an Aufmerksamkeit einbüßt, bleibt das Thema brandaktuell. Urbanisierung, Luftverschmutzung, Klimaveränderungen – die globalen Entwicklungen machen deutlich, dass es die Auseinandersetzung mit Luftqualität und innovative Lösungen braucht. Damit diese Lösungen auch anwendungsorientiert sind und die Bedürfnisse der Branche erfüllen, werden Betreiber sowie Hersteller von Luftreinigungssystemen in dem Forschungsprojekt „AeroMobil“ von Anfang an in den Entwicklungsprozess einbezogen. So wird durch den direkten Know-how-Transfer zu KMU sichergestellt, dass diese ihre Position in einem global wachsenden Markt behaupten können.
Das Forschungsprojekt „AeroMobil“ wird als strategisches Projekt durch die ACR gefördert. Für die Projektleitung ist das OFI verantwortlich. Als wissenschaftliche Partner sind Güssing Energy Technologies (GET) und das Zentrum für Soziale Innovationen (ZSI) Teil des Projektkonsortiums.