Suche
Close this search box.

Die Wiener Sanierungstage standen heuer unter dem Motto „Zirkuläres Bauen bei der Sanierung von Bestandsgebäuden“. Wie lässt sich Nachhaltigkeit in Bestandsobjekten effektiv umsetzen? Was verbirgt sich im Detail hinter der EU-Taxonomie-Verordnung? Welche Herausforderungen beschäftigen die Branche? Diese und ähnliche Fragen waren Gegenstand der Tagung.

Zum insgesamt 32. Mal begrüßte Veranstalter Baurat Dr. Michael Balak, OFI Geschäftsführer und Experte für Mauerwerkstrockenlegung, die Teilnehmenden der Wiener Sanierungstage im Haus der Ingenieure in Wien. Am 18. und 19. April nahmen sich rund 100 Interessierte Zeit für ihr jährliches Update und beteiligten sich rege am Informationsaustausch. Der thematische Bogen war auch heuer wieder weit gespannt. Angefangen bei Herausforderungen zur Identifizierung und Bewertung von Materialien, regulatorischen Hürden und technologischen Anpassungen über die Integration zirkulärer Bautechnologien in Bestandsstrukturen bis hin zu Kreislaufwirtschaft in der Denkmalpflege und Schadstofferkundung war alles dabei, was aktuell unter den Nägeln brennt.

 

Ansätze und Herausforderungen

Eines steht fest, eine Nachhaltigkeitsbewertung geht alle an, die im Gebäudesektor tätig sind. Im Neubau achtet man bereits bei der Planung auf Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung, zentrale Bedeutung hat dabei die Baustoff-Recyclingfähigkeit. Nachhaltigkeitsaspekte spielen aber auch bei der Bestandssanierung eine wichtige Rolle. Schutz der Ressourcen, intensive Nutzung der Wertstoffe und langfristige Wertsicherung sind dort wie da wesentliche Grundpfeiler.

Ob Gründerzeit- oder Nachkriegsbauten, die digitale Bestandserfassung ist Basis für eine Sanierungsplanung und macht eine Gebäudenutzungsdauer gut abschätzbar. Zahlreiche Faktoren wie Wärmedämmung, sommerliche Beschattung, Heizalternativen aber auch die Austauschbarkeit und Reparaturfähigkeit von Bauteilen sowie geschultes Baustellenpersonal, das für die richtige Entsorgung des Abbruchmaterials verantwortlich ist, sind bei einer solchen Planung zu berücksichtigen. Das Deponieverbot mineralischer Baurestmassen nach der aktuellen Deponieverordnung erfordert viel fachliches Know-how.

 

EU-Taxonomie-Verordnung

Die EU-Taxonomie-Verordnung als zentrales Thema der Tagung, floss mit verschiedenen Aspekten in viele Vorträge mit ein. Die Verordnung verfolgt das Ziel, den Einsatz nicht erneuerbarer Primärenergien in Gebäuden fortlaufend zu minimieren und so die Klimaneutralität bis 2050 in Europa tatsächlich umzusetzen. Mögliche Umsetzungsoptionen stellen beispielsweise Wärmedämm-Maßnahmen oder das Decken von Primärenergiebedarf aus grünen Quellen dar. Eine Klimarisikoanalyse sowie die Bewertung der Umgebung des Objektes sollten dabei problemlos durchführbar sein.

„Es besteht nach wie vor viel Unsicherheit in Bezug auf die EU-Taxonomie-Verordnung. Mit den Wiener Sanierungstagen wollen wir mehr Licht ins Dunkel bringen“, so Baurat Dr. Michael Balak. „Auch zu anderen, aktuellen Themen kamen viele wertvolle Impulse, was die Bedeutung der Veranstaltung unterstreicht. Sich einmal jährlich in dieser Form zu treffen und über Probleme, aber auch über Neuigkeiten und positive Beispiele zu reden, ist wichtig für die Branche. Das bringt uns alle einen wesentlichen Schritt weiter.“

Neben der Radonschutzverordnung war auch der sommerliche Wärmeschutz nach OIB6:2023 Thema der Wiener Sanierungstage 2024, genauso wie die Nachhaltigkeit in der thermischen Sanierung mit Fokus auf Ressourcenschonung, Wärmepumpen, Schadstofferkundung u.v.m.

Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Franz Josef Radermacher nahm in seinem Vortrag „Energie, Klima, Zukunft – Sind wir noch zu retten?!“ sehr kritisch Bezug auf klimatechnische Maßnahmen. Klimaprobleme seien ausschließlich global zu lösen, Konzepte zur CO2 Reduktion auf nationaler bzw. EU-weiter Ebene wären sinnlos. Er sprach von Klimaimperialismus und nahm die Industriestaaten in die Pflicht. Renewables können nicht als Maßstab in Schwellenländern gelten, festgelegte Taxonomien wären, wenn überhaupt, nur für Industriestaaten umsetzbar. Werden sie in Schwellenländern schlagend, machen sie Arme noch ärmer. Um CO2 zu verringern gibt es bereits alternative Ansätze. Zum Bespiel bietet Norwegen Storages, in denen CO2 gesammelt und bei Bedarf wiederverwendet werden kann.

 

OFI Forschungsprojekt „Circular Construction“

Das OFI Forschungsprojekt „Circular Construction“, das im Rahmen der Tagung vorgestellt wurde, beschäftigt sich mit unterschiedlichen Aspekten des zirkulären Bauens, wie zum Beispiel der Verwendung von CO2 zertifizierten Produkten. Primärstoffe sollten minimiert, Sekundärstoffe maximiert werden. Die Klimarisikoanalyse berücksichtigt die Veränderungen durch den Klimawandel, elektronische Tools beschreiben Gebäudemerkmale dabei sehr detailliert. Bei der Auswahl der Materialien muss a) auf die Recyclingfähigkeit und b) auf eine mögliche Schadstoffabsonderung in die Raumluft Rücksicht genommen werden. Die Taxonomie-Verordnung soll ein mögliches Greenwashing ausbremsen. Mindestens 70% der nicht gefährlichen Abbruchabfälle sollen wiederverwertet werden. Die Überwachung und Bewertung der Energieeffizienz ist dabei ganz wesentlich.

 

Netzwerkfaktor mit Mehrwert

Die Tagungspausen wurden wie immer nicht nur zur Stärkung, sondern auch zum persönlichen Austausch genutzt. Bei einigen Ausstellern – Keimfarben GmbH, Flexiskin GmbH, Remmers GmbH und solidian GmbH – konnten sich die Teilnehmenden über neue Produkte und Services informieren. Beim gemütlichen Get-together am Abend des ersten Sanierungstages in der huth Gastwirtschaft ließen die Teilnehmer*innen den Tag angenehm ausklingen.

 

Pressetext als PDF zum Download

 

Bild – Abdruck honorarfrei im Kontext der Berichterstattung über die Wiener Sanierungstage 2024, bei Angabe des Fotocredits OFI

Rund 100 Interessierte haben sich bei den Wiener Sanierungstagen 2024 über „Zirkuläres Bauen bei der Sanierung von Bestandsgebäuden“ informiert. Fotocredit: OFI